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Gipfel des Zynismus: Kampf gegen die Schlepper trifft vor allem Schutzsuchende

Der Kampf gegen Schlepper, Terrorismus und illegale Migration ist ein erklärtes Ziel der europäischen Politik. Als vorerst letzter Schritt in einer langen Serie von Versuchen, «unerwünschte» Migration nach Europa besser zu steuern, haben sich die Staatsoberhäupter von Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien sowie dem Tschad, Niger und der libyschen «Übergangsregierung» in Anwesenheit der EU-Aussenbeauftragten an einem Gipfel in Paris vorgeblich mit diesen Fragen beschäftigt. Worum ging es dabei wirklich?


Ausreiseverhinderung zu einem hohen Preis

Im erwähnten Kampf gegen Schlepper, Terrorismus und illegale Migration haben die Staaten am Gipfel in Paris lediglich bei der Reduktion «illegaler Migration» Erfolge erzielt. Dabei ist aber schon die Bezeichnung irreführend, da Migration generell nicht illegal, sondern als allgemeine Bewegungsfreiheit menschenrechtlich geschützt ist. Der Begriff «illegale Migration» wird aber benutzt, um Unterstützung seitens der EU-Staaten für Ausreiseverhinderung durch Länder zu rechtfertigen, die nicht dem Schengen-Raum angehören. Die Europäischen Staaten finanzieren in diesen Ländern Massnahmen zur Grenzkontrolle, Ausbildung, sowie Waffen für Armeen und Milizen. Aktuell sollen in folgenden Staaten Aktivitäten unterstützt werden:


· Im Tschad, dem der letzte UN-Bericht aus dem Jahr 2014 bescheinigt, dass «Folter allgemein von der Polizei und den Verteidigungs- und Sicherheitskräften eingesetzt wird, die dabei besonders brutale und grausame Methoden benutzen»;


· in Niger, wo der letzte UN-Bericht zur Situation von Frauen eine Kultur der Sklaverei («wahaya») erkennt und gleichzeitig die geringen Strafverfolgungs- und Verurteilungsraten von Menschenhändlern beklagt;


· in Libyen, das derzeit kaum staatliche Strukturen aufweist. Faktisch kämpfen dort Milizen um die Vorherrschaft. Opfer der Auseinandersetzungen sind auch Migrantinnen und Migranten, die sich in das Land begeben. Zahlreiche Berichte belegen, dass Migrierende in Libyen schwerster Arbeits- und sexueller Ausbeutung sowie Misshandlung ausgesetzt sind.


Mehr Resettlement = mehr Schutz?

Mit den Massnahmen in diesen Ländern werden Reisewege versperrt, mit der Begründung, das Sterben im Mittelmeer zu beenden und die Schlepper zu bekämpfen. Im Gegenzug haben die Europäischen Staaten versprochen, Resettlement für anerkannte Flüchtlinge nach Europa zu ermöglichen. Resettlement bedeutet die Möglichkeit, legal als Flüchtling nach Europa zu reisen, nachdem ein Asylverfahren ausserhalb Europas (meist durch UNHCR) durchgeführt wurde. Resettlement deckt aber nur einen sehr kleinen Teil des Schutzbedarfs ab. So konnten etwa zwischen Juli 2015 und Juli 2017 nur etwas mehr als 17‘000 Personen im Rahmen des Resettlement-Programms aus der Türkei legal nach Europa einreisen, während die Türkei fast drei Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat. In absoluten Zahlen wurden im Jahr 2016 fast zwei Drittel weniger illegale Einreisen nach Europa registriert als im Jahr 2015; die Zahl der Asylgesuche in den EU+-Staaten (EU 28 plus Norwegen und Schweiz) ging zwischen dem ersten Halbjahr 2016 und dem ersten Halbjahr 2017 um mehr als die Hälfte zurück, während die Zahl der Flüchtlinge weltweit mit über 17 Millionen auf ein Rekordniveau gestiegen ist. Der Anteil der Europäischen Staaten am globalen Flüchtlingsschutz ist also real gesunken.


Die Bilanz der bisherigen Politik ist verheerend: Die Zahl der Schutzsuchenden, die auf dem Weg nach Europa gestorben sind, ist deutlich gestiegen, während die Zahl derjenigen, die in Europa Schutz gefunden haben, deutlich zurückgegangen ist. Zugenommen haben auch die Gewinne der Schlepper. Das internationale Recht, inklusive des Folterverbots und des Rechts auf Leben, wird mit Europäischen – und damit auch Schweizer - Geldern verletzt, indem staatliche Strukturen, die massive Menschenrechtsverletzungen begehen, Milizstrukturen und nicht-staatliche Strukturen finanziert werden, die keinen Kontrollen unterliegen und deren Ziele und Vorgehensweisen im besten Fall unklar sind. Der «Gipfel des Zynismus» von letzter Woche in Paris zementiert Scheinlösungen anstatt einen echten Beitrag zum weltweiten Schutz von Flüchtenden zu leisten.


von Constantin Hruschka und Nula Frei

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